gabe, das charakteristische Fauchen, Brabbeln und Röhren
des Boxermotors im (rechtlichen) Rahmen immer stren-
gerer Lärmschutzbestimmungen effektvoll zu inszenieren.
Und außerdem: Wie wird in nicht allzu ferner Zukunft ein
elektrifizierter Porsche klingen?
Eine gut mögliche Antwort darauf erhält man im Erzgebir-
ge am Dorfrand des kleinen Weilers Geyer, wohin sich der
Physiker und Psychoakustiker Professor Friedrich Blutner
für seine Forschungen zurückgezogen hat. Vom nahen
Waldsportplatz tönt gelegentlich ein Kreisligaspiel herüber,
ansonsten hört man nichts als Stille. Perfekte Bedingungen
für einen, der die marktfähigen Wohlfühlgeräuche in einer
Premiumlimousine genauso analysiert hat wie die unbe-
zahlbaren Klangeigenschaften der Stradivari-Geigen. „Ich
bin mit den Ideen des Bauhaus groß geworden: Der Klang
folgt der Form folgt der Funktion. Egal ob ein Auto oder
eine Dose, alles sollte authentisch klingen“, so Friedrich
Blutner. „Ich glaube, diese Wahrnehmung ist obsolet
geworden. Das wesentliche Merkmal eines Elektroautos ist
ja gerade der Strom, da kann der Strom auch die Geräu-
sche erzeugen.“ Jedem Porsche, um darauf zurückzukom-
men, würde also der passende Sound auf die Karosserie
komponiert.
Aber ist eine Gesellschaft, die – von Urban Gardening bis
zur Bio-Begeisterung – gerade so frenetisch das Handge-
machte bejubelt, bereits bereit für eine Alltagswelt voller
künstlicher, also virtuell erzeugter Klanglandschaften? Der
Psychoakustiker aus dem Erzgebirge sieht das pragma-
tisch: „Nehmen Sie doch einmal die Klingeltöne. Für
einen kurzen historischen Moment wurden die als Lärm
wahrgenommen. Heute haben wir längst akzeptiert, dass
ein virtuelles Gerät wie ein Smartphone eben auch seine
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