(PT) Am Anfang meiner Karriere war ich etwas naiver
als heute. Ich habe meinen Auftraggebern meine Ideen
gezeigt und wurde oft gestoppt: Die Entwürfe erschienen
ihnen zu schwierig oder zu teuer. Heute stelle ich mich
mehr auf die Unternehmen ein und nehme mich selbst
ein wenig zurück, aber selbst dann wird man immer
mal wieder ausgebremst. Damit muss man als Designer
leben. Schließlich wollen die Unternehmer sicher sein, das
Richtige auf den Markt zu bringen. Risiken einzugehen,
ist ein Risiko. Auf der anderen Seite darf man natürlich
den Anspruch, innovativ zu sein,
nicht aufgeben. Also versuche ich
auch immer etwas durchzusetzen.
Letztlich muss man – wie überall im
Leben – einen Kompromiss finden.
(SM) Wenn die ersten Entwür-
fe präsentiert werden, sind die
Reaktionen auf Unternehmensseite
immer gleich: „Oh, das sieht aber
teuer aus“, hört man dann. Aber in
Zusammenarbeit mit dem Designer
und den Zulieferern schaffen wir es
dann doch immer, es zugleich auch
bezahlbar zu machen. Ein gutes
Design muss nicht unbedingt mehr
kosten. Wenn es gut entwickelt ist,
kann es sogar günstiger sein als ein
Design, das nicht so gut aussieht.
Herr Tempia, was sehen Sie in diesem Prozess als Ihre
Aufgabe an?
(PT) In erster Linie geht es natürlich darum, dem Produkt
ein innovatives Aussehen zu geben. Dabei darf man auch
nicht die Technologie vergessen, die dahintersteht. Wenn
es möglich ist, will ich sie sichtbar machen. Nehmen Sie
zum Beispiel die LED. Diese Technologie stellt eine Innova-
tion im Bereich der Architektur dar, und wir müssen Wege
finden, sie entsprechend einzusetzen. Eine weitere wichtige
Aufgabe besteht in der Suche nach neuen Materialien oder
nach Verfahren, um bestehende Materialien zu bearbeiten
und zu verändern. So zum Beispiel der digital bedruckte
Edelstahl, der im Schindler 5500 zur Anwendung kommt.
Wie finden Sie neue Materialien?
(PT) Man muss immer da sein, wenn etwas Neues auf dem
Markt passiert. Wenn ich eine neue Technik entdecke,
versuche ich zu verstehen, wie sie funktioniert, und über-
lege mir, auf welche Materialien sie angewendet werden
könnte. Das heißt dann nicht, dass ich dieses auf diese Art
veränderte Material sofort einsetze. Manchmal vergehen
drei bis vier Jahre, bevor ich es Kunden präsentiere.
Beim Schindler 5500 kommt eine neue Form von Glas
zum Einsatz. Wie wird das hergestellt?
(SM) Wir setzen sogar zwei Sorten Glas ein. Zum einen
hinterdrucktes Glas, das, wie der Name schon sagt, auf
der Rückseite mit einer Farbe bedruckt ist. Wir bearbeiten
das Glas auf traditionelle Weise und versehen es dann
mittels Digitaldruck mit einem Farbfilm. Andererseits
setzen wir etwas ein, das wir samtenes Glas nennen. Hier
arbeiten wir mit verschiedenen Oberflächen und bringen
auf der Vorderseite eine samtene Farbschicht und auf der
Rückseite eine metallene auf. Das erzeugt einen fantasti-
schen dreidimensionalen Effekt: Je näher Sie dem Material
kommen, desto mehr Schemen Ihres Spiegelbildes werden
erkennbar – als ob ein Spiegel hinter einem durchscheinen-
den Samtvorhang stehen würde.
Sie erwähnten eben auch bedruckten Edelstahl.
(SM) Ja, das ist ein neues Verfahren, das hier zur Anwen-
dung kommt. Farben auf Edelstahl aufzubringen, ist nicht
einfach. Mit den Tinten und Farbstoffen, die in der Regel
zum Bedrucken von Oberflächen verwendet werden, funk-
tioniert das nicht. Daher haben wir nach einem Verfahren
gesucht, dem Edelstahl eine andere Farbe zu geben, ohne
dabei seine Oberfläche zu verändern. Schließlich ist es
gerade diese Oberfläche, die den Edelstahl auszeichnet.
Die Lösung, die wir gefunden haben, besteht in einer
Technologie, bei der die Tinte in die Oberfläche des Stahls
eindringt und seine Farbe ändert, ohne etwas aufzutragen.
Edelstahl, Glas, außerdem Holz und Laminat – warum
arbeiten Sie beim Schindler 5500 mit so vielen
verschiedenen Materialien?
(PT) Um möglichst viele Ausstattungsoptionen anzubieten.
Manche Materialien sind günstiger, andere können den
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Schindler Magazin
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