littenen Fußballvereins zurückzugreifen. Umgekehrt hat die CDU den Ton ganz gut getroffen,
als sie sich nach dem Ende der Ära Kohl für den Pantone-Ton 144 C als Leitfarbe ihres 2007
überarbeiteten Coporate Designs entschieden hatte. Ausgerechnet Orange, diese Gute-Laune-
Farbe der popbunten Siebzigerjahre.
Dabei galt Orange doch, so eine Studie der Filmakademie Baden-Württemberg, „neben Braun
als die unbeliebteste Farbe der Deutschen“. Es symbolisiere das Unsympathische, das Billige,
das Modische, das Laute. Immerhin: Bald symbolisierte es auch einen kurzen demokratischen
Frühling, die „Orange Revolution“ in der Ukraine.
„Farbe“, so der Psychologe Andrew Elliot von der Universität Rochester, „ist nicht nur eine
Ästhetik, Farbe hat Funktion.“ Und um das zu verdeutlichen, wählte der Wissenschaftler ein
plakatives Beispiel: Einer Gruppe männlicher Probanden wurde das Bild einer wenig auffälligen
Frau gezeigt: halblange Haare, blauer Pulli, neutraler Gesichtsausdruck. Dann änderte Elliot
die Farbe des Pullovers. Die Frau in Rot erzeugte eine fast doppelt so hohe Bereitschaft für ein
gemeinsames Treffen – dass sie von der Farbe des Pullovers gelenkt wurden, kam keinem der
Männer in den Sinn. „Es reicht, eine Farbe nur einen Moment lang wahrzunehmen, damit sie
ein vorhersagbares Verhalten auslöst.“
Ist unser Farbempfinden demnach evolutionsbiologisch determiniert? Anthroposophen folgen
dieser Auffassung, nutzen sie etwa in der Medizin. Rot hebt den Blutdruck, Gelb animiert Nie-
ren und Gelenke, Blau stärkt die Atemwege. Und wieso jagt der Stier in der spanischen Arena
eigentlich so besessen nach dem roten Tuch? Weil er auf den Reiz dieser Farbe konditioniert
wurde? Oder weil sich dieser Impuls ganz tief in seinen Genen eingenistet hat?
Und dennoch sind die Bilder und Assoziationen, die wir mit einer Farbe verbinden, mindestens
genauso kulturell geprägt, sind Farben längst auch Spiegelbilder von Zeitgeist, politischem
Klima und gesellschaftlichen Stimmungen. Farbdesigner Mark Gutjahr: „Silber ist diesbezüglich
ein gutes Beispiel. Silber war die Farbe der 1990er-Jahre, es zelebrierte die Technologiebe-
geisterung, Computer, Internet, die Dotcom-Blase. Bis Apple die Anmutung von technischen
Produkten radikal änderte. Weiß wurde das neue Silber.“
Und wird Grün nun das neue Weiß? Zumindest der Autolackexperte will sich diesbezüglich
schon einmal festlegen: „Grün ist der Farbtrend der nächsten Jahre. Neu ist das nicht, denn
Grün hat uns immer umgeben, schon als wir noch in Höhlen gelebt haben. Es ist ein Farbton
aus der Natur und passt dementsprechend gut in das gegenwärtige gesellschaftliche Klima.
Wertigkeit, Ökologie, Nachhaltigkeit, dafür steht die Farbe Grün.“ Noch so eine Farbe, die
man doch auch aus dem Parteienspektrum kennt.
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Schindler Magazin
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