I
n Europa gewinnt die Sozialpolitik an Bedeutung – wie zum Bei
spiel das Ziel der Schaffung einer „europäischen Säule sozialer
Rechte“ zeigt. Während zu Beginn der europäischen Integration
wirtschaftliche und politische Fragen im Mittelpunkt standen und
soziale Themen eher Randaspekte markierten, änderte sich dies mit
den Plänen einer flankierenden „Europäischen Sozialagenda“ im
Jahr 2000 entscheidend. Doch anders als in Politikbereichen wie der
Währungspolitik ist die Sozialpolitik keine originäre Aufgabe der Eu
ropäischen Union (EU). Sie verfügt hier nur über sehr begrenzte Zu
ständigkeiten, die sich im Wesentlichen auf eine Unterstützung der
sozialpolitischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie – in be
stimmten Bereichen – auf die Aufstellung von Mindeststandards ins
besondere im Bereich von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
beschränken. Dennoch gilt nach wie vor der Grundsatz, stets der
Subsidiarität zu folgen.
Initiativen im Fokus
Daher begleitet die DGUV, auch von ihrer Brüsseler Vertretung aus,
aufmerksam sämtliche Initiativen der Europäischen Kommission rund
um die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. In den Fokus rückt auch im
mer stärker die europäische und internationale Normungsarbeit – vor
allem im Hinblick auf harmonisierte europäische Vorgaben. Die Eu
ropäische Kommission möchte Normen insbesondere als Mittel zur Ver
wirklichung des digitalen Binnenmarkts einsetzen. Auch spielt die Nor
mung seit Jahren eine Rolle im Bereich der Produktsicherheit. Wenn
Sozialpolitik in Europa:
Die Grenzen verschwimmen
Positionen der DGUV zu sozialpolitischen Initiativen in der EU
Normung allerdings personenbezogen ist, also beispielsweise Fragen
des Arbeitsschutzes oder soziale beziehungsweise Gesundheitsdienst
leistungen betrifft, die auch durch die gesetzliche Unfallversicherung
erbracht werden, sieht die DGUV derartige Entwicklungen kritisch.
Die DGUV sieht es nicht als sinnvoll an, dass in den Bereichen Ar
beitsschutz sowie Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung –
etwa Rehabilitation und Pflege – Normung auf nationaler, europäi
scher oder internationaler Ebene initiiert wird (siehe Artikel Seite 18).
Arbeitszeitrichtlinie
Der EU-Vertrag ermöglicht, dass Aspekte der Sicherheit und Gesund
heit amArbeitsplatz auf europäischer Ebene geregelt werden können.
So wird derzeit die Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) über
arbeitet. Hier hat sich die DGUV imRahmen einer Konsultation mit ei
ner Stellungnahme eingebracht, in der sie darauf hinweist, dass tägli
che Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden Dauer und wöchentliche
Arbeitszeiten von mehr als 40 Stunden aus Sicht der Prävention nicht
zu empfehlen sind. So zeigen wissenschaftliche Studien, dass das Un
fallrisiko bei Beschäftigten nach der neunten Arbeitsstunde exponen„Der soziale
Dialog darf im
europäischen
Gesetzgebungs
prozess nicht
infrage gestellt
werden.“
Positionsbestimmung
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DGUV Jahrbuch 2015/16